Der Stimmungsmacher

Gerd Pfarré im Interview

Bevor sich Gerd Pfarré 1998 mit seinem Büro pfarré lighting design selbständig machte, arbeitete der gelernte Bau- und Möbeltischler und Autodidakt in Sachen Lichtplanung unter anderem bei Ingo Maurer. Zu seinen Projekten zählen Geschäfte und Restaurants, aber auch eine Brücke und ein U-Bahnhof, für die er die wichtigsten Auszeichnungen der Branche erhielt, darunter den Radiance Award for Excellence in Lighting Design. Anlässlich der LDA Lighting Design Awards 2016 wurde Gerd Pfarré in London zum Lighting Designer of the Year gekürt. Im Interview spricht er über nicht alltägliche Lichtprojekte, seinen Gestaltungsansatz und wie sich gute Lichtplanung in den eigenen vier Wänden umsetzen lässt.

Welche Lichtprojekte haben Sie zuletzt begeistert? Die Sammlung Rothschild in der Goldkammer Frankfurt war für uns sicher eine der faszinierendsten Aufgaben der letzten Jahre. In einem vollflächig verspiegelten und medial bespielten Raum diese fantastische Goldsammlung zu beleuchten war wirklich eine große Herausforderung. Wir haben in den Vitrinen rote Seide vollflächig zum Leuchten gebracht und für die lineare Beleuchtung in der Decke spezielle Blendschutzlamellen anfertigen lassen – sagen wir es mal so: Nichts war alltäglich, alles war möglich, ein bisschen irre – und wir konnten ein Maximum an maßgeschneiderter Lichtqualität umsetzen.

Welche Regeln einer guten Lichtplanung lassen sich auch zu Hause leicht umsetzen? Mit mehreren Lichtquellen im Raum, ausgestattet mit guter Abblendung, lässt sich oftmals recht einfach eine gute Abendatmosphäre gestalten. Materialien zum Reflektieren bringen und das Licht auf Objekte fokussieren, ist ebenso zu empfehlen. Licht kann magisch sein, dazu sollte man vieles Ausprobieren und mit dem Licht spielen.

Was sind die häufigsten Fehler? Kaltweißes Licht ist im Privatbereich in der Regel ein No-Go. Direkte Blendung ist der blanke Horror. Der in deutsche Wohnungen eingeplante, völlig phantasielose zentrale Deckenauslass hat hoffentlich bald ausgedient, denn er wird dem wunderbaren Thema Licht einfach nicht gerecht.

Inwiefern hat sich die Bedeutung der Lichtplanung bei Architekturprojekten in den letzten Jahren verändert? Ich denke nicht, dass sich die Bedeutung geändert hat, aber wir erleben eine deutlich intensivere Nachfrage. Als Lichtplaner denken wir zunächst über das Licht nach, erst dann über die Leuchten. Unsere Kunden schätzen diese Unabhängigkeit. Zeitgemäße Lichttechnik ist inzwischen überaus komplex und es steht uns ein gewaltiges Toolset zur Verfügung. Dieses Set zu beherrschen und sowohl technisch als auch gestalterisch die optimalen Lösungen zu erarbeiten, darin liegt der Fokus professioneller Lichtplanung. Es geht dabei im Wesentlichen um die Orchestrierung und gewünschte Tonalität des Lichtes im Raum; hierfür braucht es viel Erfahrung und ein solides Know-How.

Welchen Gestaltungsansatz verfolgen Sie bei Ihren Projekten? Gibt es einen gemeinsamen Nenner? Hohe Lichtqualität, hoher visueller Komfort: Das sind sicher zwei der Hauptmerkmale, die wir in allen Projekten verfolgen. Gestalterisch gibt es keine Grenzen, keine Nenner und keinen Stil. Unsere Arbeiten sind geprägt von einer holistischen Herangehensweise, mit der wir individuell auf die Aufgabe, den Ort, seine Umgebung und den kulturellen Kontext reagieren. Wir können opulent oder minimalistisch, klassisch oder crazy.

Mit welchen Leuchten oder Lichtelemente arbeiten Sie besonders gern? Es gibt weder bevorzugte Leuchten noch Lichtelemente. Wir achten jedoch auf hohe Produktqualität, denn wir wollen, dass unsere Projekte eine möglichst lange Lebensdauer haben – in technischer und in ästhetischer Hinsicht. Wir wählen die Elemente aus, die perfekt zur jeweiligen Beleuchtungsaufgabe passen.

Welche Art von Projekt würden Sie in Zukunft gerne planen? Eine Bibliothek, eine Galerie für zeitgenössische Kunst, eine wirklich gute Bar. Eigentlich würde ich all das gerne planen, was wir noch nicht geplant haben. schmunzelt Das Schöne und Sinnliche an unserem Beruf liegt in den vielen unterschiedlichen Stimmungen, die wir erzeugen können.

Autor: Judith Jenner